Mittwoch, 1. November 2017

Oneway nach Amerika – Das Künstler-Duo Meike Legler & Kottie Paloma über ihr neues Leben in L.A.

Seit drei Jahren bin ich Fan von Meike Legler und Kottie Paloma (hier geht es zum ersten Interview). Sie Textildesignerin, er Künstler. Sie Deutsche, er US-Amerikaner. Ein hochkreatives Paar, das Anfang des Jahres von Berlin nach L.A. gezogen ist. Einige Leglers/Palomas wohnen auch hier bei uns in Karlsruhe – eine Skulptur ist gerade eingetroffen. Meike meinte in ihrer letzten Mail: „Deine Wohnung ist auf dem besten Weg ein kleines Kottie-Museum zu werden“. Da ist was dran... Ich liebe einfach die Werke der beiden.

Gerade sind sie von einem Besuch in Deutschland zurück und ich habe mir Meike und Kottie für ein spannendes Interview geschnappt. Was in L.A. besser ist als in Berlin, warum Meike keine Kissen mehr produziert und weshalb Kottie neulich im Haus von Axl Rose (Guns’n’Roses) zu Gast war, lest ihr unter den Bildern. 

meikelegler.world
kottiepaloma.com






















Unser letztes Interview liegt über drei Jahre zurück. Inzwischen seid ihr nach L.A. gezogen. Was hat euch dazu bewogen?

Es gab mehrere Gründe – zum Einen waren wir Berlin nach so vielen Jahren ein wenig überdrüssig (auch des Wetters) und wir hatten Lust auf eine komplett neue Umgebung. Zum anderen lag es nahe, in die USA zu ziehen, weil ich (Meike) eine Green Card bekommen konnte und die Wahl fiel letztendlich auf Los Angeles, weil wir schon länger aus der Ferne beobachtet haben, dass große Galerien dorthin gezogen sind (wie z.B. Hauser & Wirth) und sich in der Kunstszene allerhand bewegt. Also haben wir nicht lange überlegt, haben den Green-Card-Prozess in Gang gesetzt und schließlich One-Way-Flugtickets gekauft. Zudem ist Kottie hier geboren und hat Familie und alte Freunde hier. Die Kunstindustrie ist viel stärker als in Berlin. Es gibt unzählige Sammler hier und wir beide verkaufen regelmäßig direkt aus unserem Atelier heraus.

Wie lebt ihr dort?

Wir wohnen in einem kleinen, freistehenden Haus mit großem GArten in Echo Parkt, einer jungen und bunten Nachbarschaft in L.A., die sich ständig weiterentwickelt. Zu Fuß können wir einkaufen gehen, zum Echo Park Lake laufen, tolle Cafés, Buchläden und Restaurants sind auch in der Nähe. Das ist ein großer Luxus, denn L.A. ist eine Autostadt – in vielen Wohngegenden ist man auf ein Auto angewiesen, wenn man zum Supermarkt muss oder überhaupt etwas erledigen will. 

Und wie arbeitet ihr?

Kottie: Ich arbeite als Kunstinstallateur bei einer Firma, die viele Celebrity-Kunden hat. So war ich zum Beispiel neulich im Haus von Axl Rose (von Guns’n’Roses) und habe die Bilder an seinen Wänden ausgetauscht. Es war schon ganz lustig zu sehen, wie einer der größten Rockstars aller Zeiten so lebt! Nach Feierabend und am Wochenende bin ich dann in meinem Atelier in Chinatown und gehe oft zu Vernissagen. 



Meike: Da ich noch immer auf Ateliersuche bin, arbeite ich von zu Hause aus – der Wohnzimmerboden ist mein Zuschneideplatz. Nicht unbedingt gut für die Knie, aber es ist ja Gott sei Dank nur eine Zwischenlösung. Wenn ich eine Anfrage für einen Atelierbesuch bekomme, leiht Kottie mir netterweise seinen Raum. Bei uns zu Hause haben wir nämlich so gut wie keine Wandfläche und auch sonst ist nicht viel Platz. Manchmal arbeite ich auch von einem Café in unserer Nachbarschaft, wenn es Sachen sind, die ich am Computer mache, wie z.B. Entwürfe für neue Bilder. 

Was ist besser in LA als in Berlin? 

Auf alle Fälle das Wetter! Außerdem gibt es einfach so viel mehr wohlhabende Leute, die Kunst sammeln und eine riesige Interior Design Szene, die immer auf der Suche nach Kunst ist. Generell sind die Menschen hier offener gegenüber Neuem. Super ist auch, dass man von L.A. aus ruck-zuck am Strand oder in den Bergen ist. Santa Barbara, Ojai, Palm Springs, Joshua Tree Park und so viele andere wunderschöne Ausflugsziele sind nicht weit entfernt und die Natur finden wir hier besonders spektakulär.

Und umgekehrt – was war in Berlin besser als in LA?

In Berlin haben wir kein Auto gebraucht, alles konnte man mit dem Fahrrad oder der U-Bahn erreichen. Das spart Geld und man bewegt sich außerdem mehr. Aber andererseits war es auch immer ein bisschen kompliziert, große Gegenstände wie z.B. Rahmen, Farbeimer usw. ohne Auto von A nach B zu transportieren. Internet in Berlin bzw. Deutschland ist im Vergleich zu hier ($60/Monat) spottbillig und insgesamt ist hier alles teurer als in Deutschland (bis aufs Benzin). Das Leitungswasser in Berlin konnte man ohne Bedenken trinken während es hier so nach Chlor schmeckt, dass wir es immer erst filtern. 

Werdet ihr in den USA bleiben? Wie sehen eure Zukunftspläne aus?

Ja, wir werden auf jeden Fall bleiben. Ob für immer können wir nicht sagen, aber für die nächsten Jahre mit Sicherheit. Unser Traum ist es irgendwann einmal ein Mid-Century Haus in Mount Washington zu kaufen und natürlich weiterhin an unserer Kunst zu arbeiten. Ich (Meike) will außerdem noch einen Master in Psychologie abschließen und dann eine eigene Praxis eröffnen. Die kommenden Jahre werden bestimmt nicht langweilig werden!

Meike, wie bist du darauf gekommen, Bilder aus Stoff zu machen?

Ich habe in den letzten Jahren ein Label für Kissen betrieben, die ich in geometrischen Mustern genäht habe. Meine Stoffe habe ich bei unserem Umzug hierher alle mitgebracht und nachdem ich letztes Jahr eine kleine kreative Pause eingelegt habe, hat es mich irgendwann wieder in den Fingern gejuckt, etwas aus diesen Stoffen zu machen. Allerdings wollte ich diesmal in eine andere Richtung gehen und so bin ich auf die Idee gekommen Bilder zu nähen. Ich habe dann mit einem sehr kleinen Format angefangen und hatte so viel Spaß und neue Ideen, dass ich einfach immer weiter gemacht habe. Inzwischen arbeite ich mit verschiedenen Kunsthändlern, Galerien und Interior Designern zusammen. Kissen mache ich allerdings keine mehr. Ich hatte einfach das Gefühl, dass sie eine Vorstufe zu dem waren, was ich jetzt mache und ich will mich nun lieber voll und ganz auf die Bilder konzentrieren. 

Kottie, hat sich dein Stil verändert seit du in L.A. lebst?

Ein bisschen, aber nicht wirklich, vielmehr habe ich ein neues Projekt begonnen seit ich letztes Jahr in mein neues Atelier gezogen bin. Ich habe mich auf meine abstrakten Gemälde konzentriert und spiele mit neuen Stilmitteln und Techniken wie z.B. Text hinzuzufügen, die Farben abzukratzen, aufzutragen und zu verwischen. Es ist mehr physisches Malen, mehr wie das, was Malen für mich ist. Der Hauptunterschied zwischen dieser Serie und denen, die ich in Berlin gemalt habe ist, dass die Bilder in Berlin im Vorfeld bereits ausgearbeitet waren. Ich musste nur noch die Farben und die Stimmung auf die Leinwand bringen. Hier hingegen habe ich keine Ahnung wie das Resultat aussehen wird, wenn ich anfange zu malen. Ich arbeite mehr aus dem Bauch heraus als mit dem Kopf. Seit letztem Dezember habe ich über 100 großformatige Bilder für dieses Projekt produziert. Ich verwende Wandfarbe dafür, was neu für mich ist und ich liebe es. Bei Home Depot – der amerikanischen Version von Bauhaus – kann man sogenannte Fehlfarben kaufen, Farben die fälschlicherweise gemischt wurden oder die dem Kunden nicht gefallen haben. Hier finde ich immer wirklich tolle und qualitativ hochwertige Farben, die ich so nicht selbst mischen würde. Zudem haben diese Farben eine schöne Dicke, sodass es am Ende aussieht als hätte ich mit Ölfarbe gemalt. Diese Serie basiert auf einer anderen Serie, die ich in Berlin begonnen habe und bei der ich auf alte Bibliotheksindexkarten gemalt habe. Die Serie heißt „Pop Songs“ und ich habe ungefähr 400 davon produziert. Da mir die „Pop Songs“ auf den Karten so viel Spaß machen, habe ich mich entschieden sie hier in LA in einem größeren Format weiterzuführen. 

Vielen Dank an Meike und Kottie für dieses interessante Interview und die tollen Fotos!

Alle Fotos © Meike Legler und Kottie Paloma

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