Donnerstag, 7. November 2019

Zu Gast bei... Mike in Berlin

Auf Mikes Fotos bin ich auf Instagram gestoßen. Ich habe selten etwas Bunteres, Ausgefalleneres, Grüneres (wow, diese „Hängenden Gärten“!) gesehen als diese Wohnung! Erst unterhielten wir uns via Insta über Kunst, dann über unseren Beruf und irgendwann hatte ich die Idee, ihn nach einer Homestory zu fragen. Das lag ja wohl auf der Hand! Mike, Ende 30, der sich selbst sehr treffend als „wohnsinnig“ beschreibt, arbeitet als Illustrator und Kunsttherapeut und lebt mit seinem Partner und zwei Katzen in Berlin. 

Lest, wie Mikes Arbeit als Kunsttherapeut in der Psychiatrie aussieht, wo er sich am liebsten in Berlin aufhält und warum sein Reisetraum nach Japan bis jetzt nicht in Erfüllung ging. Hereinspaziert in diese einzigartige Wohn-Wunderüte!


Fotos Nr. 3,7 © homemadestudio / mengru_liang
Fotos Nr. 4, 9, 17, 20 © Kerstin Müller / www.kerstinmueller.me
Restliche Fotos © herrklar























Deine Wohnung ist farbenfroh, sehr lebendig und beherbergt viele Designklassiker. Hattest du schon immer eine Leidenschaft für Möbel – und Farben?

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Farben, da ich aus der Kunst komme. Die Möbel bzw. Einrichtungsleidenschaft kam in der Pubertät — da bezog sie sich aber eher auf DIY-Projekte und Wandfarben. Die Liebe für Möbel und Designklassiker wurde durch meinen Partner (wieder-)belebt und ist mittlerweile unsere gemeinsame Passion und eine „never-ending-story“.

Du hast Kommunikationsdesign und Kunsttherapie studiert — spannend! Wie sieht deine Arbeit mit den Erwachsenen in der Psychiatrie aus?

In der Kunsttherapie gibt es verschiedene Ansätze, meiner ist tiefenpsychologisch orientiert und ähnelt eher einer non-verbalen Psychotherapie. Ich arbeite meist in Gruppen und versuche die Patient*innen in ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen bei der Realisierung künstlerischer Arbeiten zu unterstützen. Hierbei kommen verschiedenste Materialien zum Einsatz: Ton, Speckstein, Farben, Stifte, Collage... Am Ende werden die Objekte gemeinsam betrachtet und darüber, möglichst wertfrei, gesprochen. Hierbei gilt aber, dass ich zwar der „Experte“ bin, aber die Patient*innen bestimmen, was sie preis geben wollen oder in welche Richtung die Therapie gehen soll.

Wie kam es dazu, dass du in dem Buch „Das Beste von Allem“ (Aladinverlag) mit einigen Illustrationen mitwirken durftest?

Ich habe im Kommunikationsdesign-Studium an der Bauhaus-Universität Weimar vor allem den Schwerpunkt Illustration gewählt und damals die Kinderbuchillustratorin Jutta Bauer als Dozentin gehabt. Hierüber kam die Einladung, an diesem Buch mitzuarbeiten.
Ich finde es wirklich ein gelungenes und fröhliches Buch, welches unterschiedlichste Stile vereinbart — eine Parallele zu unserer Einrichtung.

Malst und zeichnest du noch viel neben deiner hauptberuflichen Arbeit?

Hmmmm, VIEL ist relativ. Ich arbeite noch als Live-Illustrator und so genannter Graphic-Recorder für verschiedene Institutionen, das ist zwar kreativ, aber auch Arbeit. Ich würde gerne wieder mehr für mich persönlich machen, aber da braucht man auch Zeit, sich „einzuschwingen“. Dennoch bin ich froh, in der Wohnung einen schönen Arbeitsraum zu haben, wenn mich dann doch mal die Muße küsst.

Woher nimmst du deine Inspiration für deine Einrichtung? Hattest du schon immer eine Leidenschaft für Möbel und Kunst?

Mein Partner und ich inspirieren uns gegenseitig. Hierbei entwickelt sich der Geschmack weiter und da sind wir mittlerweile schneller im Austauschen von Möbeln und Gegenständen — man kann sich auch wieder trennen, und da vieles Vintage gekauft wurde, bleibt es relativ nachhaltig.

Momentan kommen viele Ideen aus der modernen italienischen Einrichtung und aus dem 80er-Jahre Memphis-Design. Hierbei mag ich Studios wie Marcante Testa oder auch den Wohnblog the socialite family. Ich finde, die Italiener und Franzosen trauen sich definitiv mehr als der Durchschnittsdeutsche, was Farben, Muster oder Kunst angeht.

Wie würdest du deinen Wohnstil beschreiben?

Vielleicht irgendwo zwischen eklektisch, arty und colorful retro...

Liest du Wohnzeitschriften?

Ich habe ein AD-Abo und kaufe ab und an auch die AW. Ansonsten lese ich einige Wohnblogs und suche auch Inspiration auf Instagram. Achso, und wir haben eine recht große Sammlung an Interior-Bildbänden.

Welches ist dein Lieblingsmaterial?

Das kann ich so gar nicht beantworten, aber ich mag momentan gerne: Messing, Marmor und Murano-Glas – the „cheap-stuff“ (haha)

Welche deine Lieblingsfarbe?

Eher bunt :)

Durch dich habe ich vom Künstler David Shrigley erfahren. Mir gefällt seine schräge Kunst, danke für den Tipp! Welche Künstler magst du sonst noch?

Gerne — ich finde er trifft mit seinen krakeligen Zeichnungen direkt den Kern der Dinge. Ansonsten mag ich David Hockney, Alexander Girard, Lucian Freud, James Turrell, aber auch Picasso. Mir ist es nicht wichtig, ob jemand bekannt ist, sondern ob ein Kunstwerk zu mir spricht, etwas in mir auslöst und wenn es Abscheu ist.

Welche Wohnanschaffung steht ganz oben auf deiner Liste?

Wie viel Platz hast Du? Nee Spaß bei Seite: Ich suche schon ewig nach einem bezahlbaren Bezug in Orange für den Bertoia Bird-Chair im Arbeitszimmer und der shuffle table von &tradition in Bunt würde wunderbar daneben passen. 

Wo kaufst du deine Möbel?

Viele der Möbel sind vintage und von ebay oder ebay-Kleinanzeigen. Wir sind Jäger UND Sammler. Einiges findet sich auch auf dem Trödel, aber in Berlin wird es immer schwerer, wirkliche Schätze für realistische Preis zu finden.

Hast du ein Lieblingsmöbel bei dir zu Hause?

Ich würde sagen, momentan sind das die beiden Neuzugänge: Die Tahiti-Lampe von Ettore Sottsass (Memphis Milano) und der Ekstrem-Chair von Varier Furniture — ein Schuss von Kleinanzeigen.

Du hast eine Riesensammlung der Wooden Dolls von Alexander Girard, beneidenswert. Wo hast du die alle zusammen getragen?

Wie schon oben erwähnt, sind die alle  Second Hand und von den bekannten Online-Verkaufsplattformen. Die Sammlung wird natürlich noch weiter wachsen.

Wo ist dein Lieblingsort in der Wohnung?


Im Sommer ist es der grüne Sitzplatz in der Küche mit dem Saarinen-Ensemble, im Herbst/Winter dann eher das currygelbe Sofa von Bolia.

Wo ist dein Lieblingsort in Berlin?


Einer meiner Lieblingsorte ist das ehemalige BuGa-Gelände „Britzer Garten“ — immer wieder schön für einen Sonntagsausflug unter Rentnern.

Wohin wolltest du schon immer mal reisen?

Auf meiner Bucket List stehen Japan und Island ganz oben, aber dann geht das Urlaubsbudget meist für eine Wohnungsanschaffung drauf.

Welche Musik hörst du zur Zeit gerne?


Momentan mag ich gerne die Musik der 70er/80er wie Janis Joplin und Grace Jones. Ich kann mich aber auch für Hip-Hop und Jazz begeistern — bin da eher breit aufgestellt.

Hast du einen Lieblingsschriftsteller? Welches Buch kannst du empfehlen?

Früher habe ich alles von Haruki Murakami und Judith Hermann verschlungen. Wer sich allgemein für therapeutische Themen interessiert, dem empfehle ich Irvin Yalom. 


Lieben Dank an Mike für das interessante Interview und an Mike, Kerstin und Mengru für die Fotos!

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