Marie-Lucine ist 32 Jahre alt und lebt mit ihrem Freund in einer 3-Zimmer-Altbauwohnung in Hannover. Beruflich arbeitet sie als Online-Redakteurin. Seit ihrer Schulzeit schlägt ihr Herz für die Fotografie. Sie wuchs in einem kreativen Umfeld auf, ihr Vater ist Künstler. Das sieht man! Ich liebe Maries individuellen Stil und dass sie fast nur Vintage-Möbel besitzt. Außerdem mag ich die schönen Geschichten zum Corbusier Sofa und zum Klavier. Lest, warum sie ein Piano besitzt, obwohl keiner bei ihnen Klavier spielt. Hereinspaziert in Maries schönes Zuhause!
Mir gefällt dein Wohnstil sehr, ich finde aber keine „Schublade“, was auch gut so ist! Wie würdest du ihn selbst beschreiben?
Haha, ja, ich finde auch, es ist kein fester Stil. Ich habe einfach Sachen, die ich mag. Ich würde ihn vielleicht einfach als einen Mix beschreiben. Oder ganz schnöde als „Vintage“, denn bis auf ein paar IKEA-Gegenstände ist eigentlich nichts neu bei uns. Ich finde aber auch, dass sich mein Stil immer wieder verändert. Ich räume ständig um, verbanne manches in den Keller und krame anderes wieder hervor. Meine Wohnung ist stets im Wandel, was meinen Freund manchmal in den Wahnsinn treibt.
Ihr habt ein Corbusier-Sofa, eins meiner liebsten Sofas und ein Klassiker. Unseres war ein Geschenk — woher habt ihr eures?
Ich liebe das Sofa auch total. Schon als Kind fand ich es toll. Als ich dann mit meinem Freund in meine erste echte Wohnung gezogen bin und nicht mehr in einem WG-Zimmer lebte, war mir klar: ich muss das haben. Ich habe dann fast ein Jahr bei Ebay Kleinanzeigen einen Suchauftrag gehabt, bis ich das Sofa zu einem für uns vertretbaren Preis gesehen habe. Wir haben es einem sehr netten älteren Architekten Ehepaar abgekauft, denen es nicht mehr gemütlich genug war. Sie wollten eher etwas zum „Draufrumlümmeln“ haben. Unser Glück!
Du arbeitest als Online-Redakteurin bei einer Berufsgenossenschaft — wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Also an einem ganz typischen Arbeitstag gehe ich morgens in mein Büro, recherchiere Themen, lese mir z.B. Newsletter von Unfallversicherern durch oder suche nach neuen Kampagnen zum Arbeitsschutz. Dann schreibe ich eine kleine Newsmeldung darüber, gucke, ob wir ein passendes Bild in unserem Archiv haben oder mache schnell selbst eines und stelle die News dann auf unserer Website online. Zum Glück ist mein Job aber sehr abwechslungsreich, so gibt es auch viele untypische Arbeitstage. Da fahre ich dann mal auf eine Veranstaltung, von der ich berichte, konzipiere und erstelle unseren Newsletter oder schreibe das Storyboard für einen Erklärfilm.
Eure Fenster haben ja interessante „Vorbauten“. Sind das Schiebe-Elemente? Kannst du was dazu verraten?
Haha, also was ich als erstes verraten kann: sie sind unputzbar. Die äußeren Fenster sind nur einfach verglast, deswegen gibt es diese Vorbauten. Sie nennen sich Kastenfenster. Aber zurück zum Putzen: die äußeren Fenster gehen nach außen auf und sind durch den Vorbau nur schwer zu erreichen. Putzen ist hier lebensgefährlich. Die inneren Vorbauten sind, wie du schon erkannt hast, Schiebe-Elemente. Um die zu putzen müsste ich also in den Innenraum zwischen den beiden Fenstern klettern. Ich muss aber sagen, dass ich sie wunderschön finde. Deswegen würde ich unseren Vermieter nie bitten, sie auszutauschen.
Du hast noch einen weiteren Account „lucine.on.the.road“ auf Instagram, in der du deinen Landschaftsaufnahmen eine Plattform gibst. Seit wann hast du diese Foto-Leidenschaft?
Ich habe zu meinem 10. Geburtstag eine kleine analoge Kamera von meinen Eltern bekommen, die ich von da an keinen Moment mehr aus den Händen gelegt habe. Ich habe kleine „Shootings“ mit meinen Freunden gemacht oder Fundstücke auf der Straße fotografiert. Ich habe wirklich alles geknipst, was vor meine Linse kam und meine Eltern haben geduldig meine Filme und die Entwicklungskosten übernommen. Mit 16 oder 17 habe ich dann angefangen mit einer analogen Spiegelreflex schwarz-weiß zu fotografieren und die Filme selbst zu entwickeln. Das hat mir unheimlich Spaß gemacht. Nach dem Abitur hatte ich aber keine Möglichkeit mehr Filme zu entwickeln. Leider gab es dann einige Jahre, in denen ich mir das Umsteigen auf eine digitale Spiegelreflex nicht leisten konnte und mich das bisherige Fotografieren nicht mehr zufrieden stellte. Seit zwei Jahre habe ich meine jetzige Kamera und bin wieder mit viel Leidenschaft dabei. Ich behaupte immer, wäre ich damals richtig am Ball geblieben, wäre ich jetzt viel besser. Stimmt vielleicht aber gar nicht, haha.
Dein Vater ist Künstler — verrätst du uns, wer er ist? Hat er dich in irgendeiner Weise beeinflusst oder geprägt?
Hm, die Frage ist schwer für mich zu beantworten, obwohl natürlich ganz klar ist, dass es mich stark geprägt hat. Einrichtungstechnisch haben mich sicher meine beiden Eltern beeinflusst. Wir haben einen ähnlichen Geschmack, was Möbel und Gegenstände betrifft. Ich glaube generell, dass das Umfeld, in dem jemand aufwächst, auch den Geschmack prägt. Ich war als Kind viel in Ateliers oder eher alternativen Wohnungen aber genau so viel in Wohnungen mit toller Kunst an den Wänden und Bauhausklassikern im Wohnzimmer. Vielleicht kann man diesen Mix ja in meiner Wohnung wiederfinden? Viele meiner Lieblings-Möbelstücke, wie zum Beispiel meine Kaiser Idell oder die Sessel mit dem gelben Bezug wurden mir auch von meinen Eltern weitervererbt. Ach und ja klar, verrate ich euch seinen Namen: Ohannes Tapyuli.
Hast du Kunst von deinem Vater in deiner Wohnung und interessierst du dich selbst für Kunst?
Von ihm habe ich hier aktuell tatsächlich kein Bild bei mir hängen. In meinem Kinderzimmer zuhause hängt aber noch eins, das ich bald mitnehmen möchte. Zu meinem 30. Geburtstag hat mir mein Vater die Drucke von Klaus Heider, einem guten Freund von ihm, geschenkt, die jetzt in meinem Wohnzimmer hängen. Ich habe außerdem noch ein Bild von K.R.H. Sonderborg, das früher bei meinen Eltern über dem Bett hing. Dort lag ich stundenlang und habe mir die verschiedenen Striche und Formen angesehen. Ich bin überglücklich, das Bild nun bei mir hängen zu haben. Es löst einfach etwas in mir aus, wenn ich es ansehe und fühlt sich nach „zuhause“ an.
Liest du Wohnzeitschriften? Woher nimmst du deine Inspiration?
Ehrlich gesagt lese ich so was nur ganz selten. Mir sind die darin abgebildeten Räume oft zu glatt und die Möbel zu teuer. Mich inspirieren eher einige Instagram-Accounts. Außerdem gucke ich mir unheimlich gerne Aufnahmen von 70er-Jahre-Lofts oder midcentury-Wohnungen an. Da blätter ich dann eher durch ein paar Bücher, als durch eine Wohnzeitschrift. Aber auch Serien wie Mad Men haben mich einrichtungstechnisch beeinflusst.
Welches ist dein Lieblingsmaterial?
Marmor, Glas und Edelstahl mag ich sehr gerne. Nicht unbedingt in Kombination, aber jedes Material für sich. Vielleicht, weil ich finde, dass diese kalten Oberflächen ein bisschen Ruhe in meine Wohnung bringen. Die finde ich nämlich oft zu vollgestopft und überladen.
Welche ist deine Lieblingsfarbe?
Puh, noch so eine schwere Frage. Früher habe ich in die Freundebücher immer „Blau“ geschrieben. Das stimmt aber höchstens für Pullover. Ich mag einfach die Kombination von verschiedenen Farben total gerne und finde es spannend, wie sich die Wirkung der einzelnen Farben dadurch verändert. Wenn ich mich in meiner Wohnung so umschaue, dann gibt es in einem Raum aber immer nur entweder Grundfarben oder nur Mischfarben. Scheinbar scheine ich das nicht so gerne zu kombinieren.
Welche Wohnanschaffung steht ganz oben auf deiner Liste?
Ein neues Regal fürs Wohnzimmer steht schon seit einer Weile auf meiner Liste. Toll fände ich da was von USM Haller, das wird aber nicht ins Budget passen. Also wird es vielleicht ein Second-Hand-Teak-Regal. Mal schauen, was mir da so über den Weg läuft. Oder ein schickes No-Name-Teil aus Metall.
Wo kaufst du deine Möbel?
Ich glaube fast 50 % bei Ebay Kleinanzeigen und 50% in Vintage-Möbelhallen und dergleichen. Neu ist bei mir nur ganz wenig. Ich liebe das Stöbern und Suchen und freue mich über Schnäppchen, die so auch noch ressourcenschonend sind.
Hast du ein Lieblingsmöbel bei dir zu Hause?
Das ist ganz klar das Corbusier Sofa, da mit ihm ein Kindheitswunsch in Erfüllung ging. Ja ich weiß, ich war ein Kind mit komischem Geschmack, haha.
Wo ist dein Lieblingsort in der Wohnung?
An meinem Schreibtisch halte ich mich sehr gerne auf. Dort arbeite ich nicht nur, sondern schaue auch Serien oder tobe mich auf die ein oder andere Art kreativ aus.
Wo ist dein Lieblingsort in Hannover?
Die Herrenhäuser Gärten und der Berggarten mit seinen Gewächshäusern sind toll für sonntägliche Spaziergänge.
Wohin wolltest du schon immer mal reisen?
Island, die US-Südstaaten und Norwegen im Winter sind alles Träume von mir. Da ich nicht fliege, wird davon aber wahrscheinlich höchstens Norwegen erfüllt werden. Ich habe dafür sogar schon Routen rausgesucht, die auch mit dem Zug möglich wären.
Welche Musik hörst du zur Zeit gerne?
Ich liebe 80er Darkwave. Ich sag ja, bei mir ist nichts neu. Wenn ich nebenher arbeite und schreibe, brauche ich aber oft Musik ohne richtige Texte, dann höre ich viel Yoga- und Meditationsmusik von Snatam Kaur.
Hast du einen Lieblingsschriftsteller? Welche Bücher kannst du empfehlen?
Als ich angefangen habe, Literatur und Kreatives Schreiben zu studieren habe ich gleichzeitig aufgehört zu lesen. Also nicht komplett, aber ich lese viel weniger als früher. Ich liebe aber Sasa Stanisic und Clemens Meyer und möchte als nächstes gerne „Conversation with friends“ von Sally Ronney lesen, davon habe ich sehr viel Gutes gehört.
Wer spielt bei euch Klavier?
Haha, also eigentlich keiner! Seitdem ich mit meinem Freund zusammen bin hat er davon gesprochen, dass Klavierspielen sein großer Traum ist. Als sein 30. Geburtstag ins Haus stand war ich gerade auf der Suche nach einem neuen Job, hatte also viel Zeit und wenig Geld und die fixe Idee im Kopf, ihn mit einem Klavier zu überraschen. Das gute Stück habe ich dann auch wirklich sehr sehr günstig gefunden. Der Transport trieb mich allerdings in den Ruin. Sein Blick, als er das Zimmer betrat und plötzlich ein Klavier an der Wand stand war aber unbezahlbar. Heute spiele aber nur ich ab und an ein paar Kinderlieder, etwas Anspruchsvolleres als das kann ich leider nicht.
Vielen Dank an Marie für die Fotos und das Interview!
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