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Dienstag, 24. September 2024

Architektur-Highlight I in Pforzheim: Das Reuchlinhaus

Als es noch wärmer war, schnappte ich mir die BNN aus dem Briefkasten und nahm sie mit ins Freibad. Und als ich dort so in der Sonne saß und in der Zeitung las, entdeckte ich eine gut gemachte halbseitige Anzeige für eine Ausstellung, die mir zwar nichts sagte, die aber sehr interessant klang: Ornamenta 2024. Als ich mich ein bisschen eingelesen hatte, wusste ich, das ist eine alle fünf Jahre stattfindende Kunst- und Design-Ausstellung in und um Pforzheim und dem Nordschwarzwald. Zwei Stationen hab ich mir aus dem Programm herausgepickt und sie am Wochenende besucht, auf den letzten Drücker sozusagen. Zur ersten Station nehme ich euch heute mit: ins Reuchlinhaus / Schmuckmuseum.

Das wunderbare Reuchlinhaus wurde 1961 nach dem Entwurf von Manfred Lehmbruck (1913—1993) errichtet. Im oberen Stockwerk ist die Schmuckausstellung zu sehen. Ein großer Raum im OG und das UG und der Innenhof waren für die Ornamenta-Ausstellung zu den Themen „Solartal“ und „Inhalatorium“ reserviert. Mich fasziniert an diesem Bau neben der kubischen Form der Materialmix aus Glas, Sichtbeton, Naturstein und Holz. Und die Treppe!

Von den ausgestellten Werken haben mich zwei besonders begeistert. Erstens „Intersolar“ — ein meterlanger, orangefarbener Vorhang.

Aus dem Begleittext:
„Intersolar ist eine textile Installation, die im Laufe der 100 Tage der Ornamenta ihr Aussehen verändert. Das Berliner Designstudio Meyers & Fügmann entwickelte das Textil nach einem Besuch eines Stickerei-Workshops im Nähcafé des Interkulturellen Familienzentrums Au, einer multinationalen Begegnungsstätte in Pforzheim. 

Nach der Herstellung auf einem Jacquard-Webstuhl des Unternehmens Zweigert und Sawitzki in Sindelfingen schmückten Frauen aus dem Pforzheimer Nähcafé den Stoff mit gestickten Symbolen und Erzählungen, die die Sonne als Quelle physischer und spiritueller Energie zeigen. Das neue Textil besteht unter anderem aus mit Naturfarben gefärbten Garnen, deren Pigmente auf die verändernde Kraft der Sonne anders reagieren als industriell hergestellte. Das Resultat ist eine langsame Verwandlung durch selektives Ausbleichen. Es wird ein Farbverlauf sichtbar, der an einen Sonnenuntergang erinnert. Durch das Hinzufügen ihrer Stickereien schirmen die Frauen bestimmte Bereiche von dem Effekt ab und erzählen so von unserer ambivalenten Beziehung zur Sonne mit ihrer belebenden wie auch zersetzenden Kraft.“

Und dann mochte ich sehr gerne „Île de Gorée“, die riesigen Palmen von Katrin Ströbel, die auf blauen DIN-A4 Blättern ausgedruckt waren und im (Ventilatoren-)Wind flatterten.

Aus dem Begleittext:
„Die durch Ventilatorenluft animierte großformatige Ansicht der senegalesischen Urlaubsinsel Île de Gorée vermittelt auf den ersten Blick Urlaubsgefühle. [...] Der Luftstrom der Ventilatoren unterstreicht diesen Eindruck, lässt die über 400 Blätter aber auch immer wieder so stark hochflattern, dass das Bild gestört und aufgerissen wird. Der Luftstoß legt die kahle Wand frei und man schaut für einen Moment hinter die Kulisse der heutigen Urlaubsidylle. Die Aufmerksamkeit wendet sich dem Verborgenen zu, das nicht nur die Vergangenheit und Geschichte der Insel bestimmt. Die Île de Gorée war die letzte Station für Sklaventransporte während der Überfahrt von Afrika über den Atlantik. In der Gegenwart ist sie ein Erinnerungsort und ein Symbol des Sklavenhandels. Zu sehen ist der letzte Blick von der Insel auf die Küste von Dakar vor der Abfahrt.“

Auch wenn die Ornamenta diese Woche zu Ende geht — das Reuchlinhaus ist auch „nur“ als Schmuckmuseum unbedingt einen Besuch wert!

Ein paar Ecken weiter steht ein weiteres, faszinierendes Haus. Mir kam sofort zurück in den Sinn, dass das früher ein Einrichtungshaus war namens Schmitt & Charissé, das ich als Kind mit meiner Mama besucht hab. Ich erinnerte mich auf der Stelle — obwohl das bestimmt 40 Jahre her ist! Aber wie könnte man diese grüne Fassade jemals vergessen?

Der zweite magische Ort in Pforzheim folgt demnächst.






















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